Humboldt-Universität zu Berlin - Digitale Medien – Projekte und Plattformen

Einführung in die Körperbehindertenpädagogik - Eine multimediale Lehreinheit

Im Rahmen der Neukonzeption des Studiums Lehramt und Diplom der Rehabilitationswissenschaften mit einem Bachelor- oder Master- abschluss kann die Struktur des Faches, seine historische Entwicklung und die mit ihnen verbundenen möglichen Berufsfelder auf direktem Weg in Seminaren vermittelt werden. Interessant ist die ins WWW gestellte Lehreinheit auch für alle sonderpädagogischen Fachrichtungen, die Allgemeine Pädagogik an den übrigen Hochschulen und für Pädagogen in der Weiterbildung.

Prof. Dr. Krista Mertens

Krista.Mertens@rz.hu-berlin.de

HU Berlin | Institut für Rehabilitationswissenschaften | Holger Huth | 2093-4423 | Holger.Huth@gmx.de

 

Das Oscar-Helene-Heim in Berlin
Die Körperbehindertenpädagogik hat sich aus den orthopädischen Heilanstalten entwickelt. Da das Heilen und Korrigieren von Fehlstellungen des Muskel- und Skelettsystems lange stationäre Behandlungen notwendig machte, boten die Chirurgen für die Kinder Unterricht am Krankenbett an (J.A. Venel 1740-1791 in Orbe in der Schweiz).
In Berlin wurde am 14. November 1906 die 1. kleine Anstalt für zehn Kinder in der Freiligrathstraße 1 eröffnet. Da bereits nach einem Jahr die "Krüppel- und Erziehungsanstalt" zu klein war, erfolgte 1907 der Umzug in die "Krüppelanstalt Am Urban". Am 27. Mai 1914 wurde von der deutschen Kaiserin feierlich das Oscar-Helene-Heim eingeweiht, welches 250 Kindern und etwa 100 Kriegsverletzten Platz bot. Bis 1918 wurden in dem angegliederten Krankenhaus 2517 Soldaten behandelt und 1500 Operationen durchgeführt. Die Spende von zwei Deutsch-Amerikanerinnen in Höhe von 80.000 Mark ermöglichte den Bau einer Versuchs- und Lehrwerkstatt für Kunstglieder. In dieser arbeiteten vorrangig Menschen mit Körperbehinderung.
Die moderne "Krüppelfürsorge" verfolgte das Ziel, durch eine orthopädisch-chirurgische Behandlung, durch pädagogische und schulische Förderung und über eine beruflichen Ausbildung die behinderten Kinder und Erwachsenen selbstständig und damit von Almosen unabhängig zu machen. Die Klientel der Menschen mit Körperbehinderung ist eine sehr heterogene Gruppe. Es finden sich Menschen, denen die körperliche Beeinträchtigung wie bei Diabetes oder Asthma nicht auf den ersten Blick anzusehen ist. Dem gegenüber ist bei einer Gliedmaßenfehlbildung, massiven Verkrümmungen der Wirbelsäule oder zerebralen Störungen die Körperbehinderung und starke Bewegungsbeeinträchtigung sofort sichtbar. Bei Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises ist es nicht einfach zu beurteilen, ob hier von einem Menschen mit Körperbehinderung gesprochen werden kann. Entscheidend sind der Grad der Beeinträchtigung, die subjektive Befindlichkeit und Kompensationsfähigkeit sowie die Möglichkeit der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.
Nach der aktuellen "Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit" (ICF) gelten für die Einstufung, ob ein Mensch körperbehindert ist und/oder sich als behindert empfindet die bislang üblichen Komponenten Funktionsfähigkeit und Behinderung. Ebenso finden heute noch die beiden Kriterien Grad der Aktivität und Partizipation Berücksichtigung.
Der Lebensraum ist so zu gestalten, dass alle Menschen - auch die schwer mobilitätsbeeinträchtigten im Rollstuhl - ohne Hindernisse ihr Ziel erreichen. Das betrifft sowohl Straßen, Plätze, Wege, öffentliche Verkehrs- und Grünanlagen, auch Spielplätze sowie öffentlich zugängliche Gebäude und Arbeitsstätten. Alle diese Anlagen müssen barrierefrei zu begehen oder zu befahren sein.
Unsere Studierenden kontrollieren am Beispiel Bahnhof Friedrichstraße, ob die technischen Anforderungen nach DIN 18024/Teil 1 und DIN 18025, Teil 2 eingehalten sind, und halten die Mängel in einer Liste fest. Ergebnis: nicht barrierefrei obwohl 1999 renoviert!